Trauerweide

Weidenbaum mit im Wasser hängenden Ästen

Ich pflanze eine Trauerweide und gieße sie mit Trauerwasser. Als die Sonne übergeht in den Abend, ist sie zu einem starken Baum mit breiten Wurzeln gewachsen. Mit solch tiefer Trauer, dass die Äste eine Höhle bilden. Ich beziehe sie und richte mich ein. Wie eine weiche Hülle umfängt sie mich.

Beschützt von diesem Mantel aus schummrigem Licht bin ich umgeben von schillernden Lichtspektren in Grün. Die schmalen Blätter rascheln im Wind. Ich dekoriere mit Bildern meiner Trauer, hänge sie mit flattrigen Fäden an die feinen Äste und betrachte, wie sie tanzen.

Die Sonne geht unter. Ich lege mich auf den Boden aus Laub und Moos, atme tief in meinen Bauch, der jetzt Trauer ist und Weide und schaue, wie das Grün zur Nacht wird. Ich schließe meine Augen, schlafe ein und träume von der Eidechse, die kommen und ein Nest bauen wird in meiner Weide. Aus Trauer.

© Mirjam Sarrazin

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