Es war einmal eine Riesenechse, die hatte einen wichtigen Job. Sie nahm ihn sehr ernst und war rund um die Uhr beschäftigt. Die Riesenechse war aufgeregt, und sie dachte, wenn sie ihren Job nicht gut machen würde, dann müsste sie sterben, und die Welt würde untergehen. Der Job der Riesenechse bestand darin, alle Zugänge zu allem Schönen in der Welt zu bewachen, und sie strengte sich sehr an.
Und dann gab es eine Katze. Die Katze lebte im Dunkeln und fror, und alles, was die Katze zum Fressen fand, schmeckte nach nichts. Sie wusste, dass es noch mehr gab, irgendwo hinter der Riesenechse. Sie hätte gerne etwas davon abgehabt, aber sie hatte Angst vor der Riesenechse und deren Aufregung.
Die Katze war neugierig. Und schlau. Und sie war geduldig und sensibel, und sie konnte sich völlig unbemerkt auf ihren sanften Pfoten fortbewegen. Und so machte sie sich eines Tages auf den Weg durch das Dickicht, vorbei an kleinen Mauern, versteckt hinter Büschen und durch dunkle Wälder. Und während sie lief, schnurrte sie leise, um sich selbst zu beruhigen.
Das Schnurren aber hörte die Riesenechse, und obwohl sie normalerweise bei jedem noch so kleinen Geräusch wild wurde, losrannte und laut fauchte, beruhigte sie dieses Schnurren. Sie spürte innen eine Wärme und eine Müdigkeit.
So bahnte die Katze sich ihren Weg. Und schnurrte. Und war wachsam und leise und vorsichtig. Und dann, eines Tages, nach einer langen Wanderung trat sie hinter der Riesenechse aus dem Wald, und vor ihr lagen die Zugänge zu allem Schönen auf der Welt.
Und sie sah eine bunte Blumenwiese und roch diesen Duft und hörte einen Bach plätschern. Und in ihrem Bauch kribbelte es. Sie hatte es geschafft!
Die Riesenechse aber war derweil eingeschlafen von dem beruhigenden Schnurren der Katze.
© Mirjam Sarrazin