Ich durchquere Städte mit Straßen, deren Atmosphären in mich eindringen, und schneller als dass ich blinzeln kann, beziehe ich ein Haus. Die Fensterläden stoße ich weit auf. Einer quietscht. Einer hängt schief. Wolken am Himmel und dieses nach Hause Kommen in meinem Gefühl. Überall Katzen. Diese Strommäste aus Stein, und wenn ein Hund bellt, dann bellen sie alle.
Ich richte mich ein, und hänge meine frisch gewaschene Wäsche zum Trocknen in den Innenhof mit dem abgesenkten Abfluss und den Zitronenbäumchen im Topf. Gewissenhaft fege ich den rauen Boden, und im Inneren wische ich die kühlen Fliesen. Die Gläser stelle ich auf den Kopf, und Krümel müssen sofort in den Abfall.
Fotos brauche ich keine an den Wänden, auch keine Bilder. Die Maserung der alten Steinwände ist Kunst genug. Erinnerungen trage ich in meinem Herzen und mein Sein wird ein Resonanzkörper, der vibriert und summt, und eine dichte Melodie überall. Die Kraft von Tönen trifft am ehesten dieses allumfassende, einnehmende Empfinden. Über Raum und Zeit hinweg.
Neben meinem Haus ist ein Laden, und jeden Morgen wird das Sicherheitsgitter hochgefahren, und dann husche ich mit meinen Schlappen rüber in das grelle Neonlicht. Wie zufällig und immer herzlich Willkommen. Worte. Sätze. Ein Lachen. Manchmal zwei. Und manchmal einen kleinen Kaffee mit der Besitzerin. Bezüge. Sicherheit. Die Vertrautheit der Sprache, die ich nicht immer bis ins Detail verstehe, aber spüre. Und das ist viel entscheidender. Die ererbten Zugänge. Emotionen. Die Ambivalenzen der Zugehörigkeiten, die nicht zu beschreiben sind mit komplexen Begriffen. Am ehesten mit dieser Melodie, die in mir leuchtet. Die alles einfärbt. Und die Sehnsucht, der rote Sand und das Meer. Das trifft es auch. Zwischen Anfang und Endlichkeiten.
Schließlich kommt Kundschaft. Ein Nicken. Ein Lachen. Manchmal zwei. Dann verschwinde ich in meinem Haus. Ziehe mich zurück. Atme die Luft, die immer ein wenig feucht riecht, ziehe sie in die Lunge, und greife diese Zuversicht beim Schopf, die mich durchzuckt. Halte sie. Dieses Haus wird leben, seine Seele in mir. Tanzend. Bruchstücke von Bildern, Worte, Sätze, innere Zustände so kurzweilig wie Zuckerwatte, die an jeder Straßenecke verkauft wird. Und so klebrig. Diese Widersprüche werden bleiben und mein Haus möblieren, heimelig machen. Heimat sein. Wo auch immer, in welcher Stadt auch immer, die ich flüchtig durchquere.
© Mirjam Sarrazin